Der wertschöpfenden Charakter des Risikomanagements
Wissenschaftliche Studie deckt mangelhafte Kenntnisse zu Risiko-Management auf
In mittelständischen und größeren Industrieunternehmen tut dringend eine Analyse des eigenen Risikomanagements Not
Wie ein aktuelle Studie des Gesamtverbandes der versicherungsnehmenden Wirtschaft e. V (GVNW) zeigt, haben viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seinen wertschöpfenden Charakter bislang nicht hinreichend erkannt. Zu diesem Ergebnis kamen Wissenschaftler der V.E.R.S. Leipzig GmbH. Sie führten, wie von Cornelia Hefer im VersicherungsJournal berichtet, im Auftrag des GVNW persönliche Interviews mit Repräsentanten des Risikomanagements von mittelständischen Industrieunternehmen durch. Hinzu kamen Gespräche mit Teilnehmern aus größeren und kleineren mittelständischen Industrieunternehmen aus verschiedenen Branchen.
Hinterfragt wurde beispielsweise das jeweilige Risikocontrolling im Unternehmen. 78 Prozent der Befragten antworteten, die Ursache werde untersucht und fünfzig Prozent konnten bestätigen, dass der Schaden dokumentiert würde, doch lediglich 35 Prozent waren der Ansicht, dass die Maßnahmen die im Vorfeld getroffen worden waren, um auf das Risiko zu kontrollieren, auf ihre Wirksamkeit untersucht wurden. In noch selteneren Fällen (25 Prozent) schließe sich ein systamatischer Lessons-learned-Prozess an.
Die Frage, ob im Unternehmen regelmäßige Berichterstattung zur Risikosituation erfolgten und inwieweit das aktuelle Risiko analysiert werde, konnten neunzig Prozent der Befragten bestätigen. Adressat der Berichterstattung sei in erster Linie die Unternehmensleitung (97 Prozent). Darauf folgen der Aufsichtsrat (61 Prozent) und die Eigentümer (56 Prozent). Nur 58 Prozent vertraten die Ansicht, dass erst eine Mindestschadenhöhe erreicht werden muss, um einen solchen Prozess auszulösen.
Im Rahmen der Fragen zu den jeweiligen Aufwendungen für das Risikomanagement bestätigten 85 Prozent der befragten Unternehmen, sie würden die Kosten für entstandene Schäden bemessen. 83 Prozent analysieren genauer die finanziellen Aufwendungen für den Risikotransfer, also Prämien für Versicherungen oder Beratung durch Versicherungsmakler. Ganze zehn Prozent der Befragten nehmen diesbezüglich keinerlei Messung vor. Allerdings überprüfen 67 Prozent der Unternehmen nach eigenen Angaben fortlaufend die Wirksamkeit der Risiko-Maßnahmen. Kriterien sind hierbei unter anderem die Veränderung der Eintritts-Wahrscheinlichkeit und die Veränderung des Schadensausmaßes.
Entsprechend unterschiedlich ist die Wahrnehmung im Unternehmen für die Gewinne, die aus Risikomanagement erzielt werden können. 90 Prozent der Befragten stimmt der Aussage zu, das Risikomanagement ihres Unternehmens trage allgemein zur Risikotransparenz bei. 69 Prozent bestätigten, dass ein integratives Risiko- und Versicherungsmanagement erfolge. 64 Prozent vertraten die Ansicht das firmeneigene Risikomanagement trage zur Stärkung der Risikokultur bei. Doch nur 26 Prozent konnten berichten, in ihrem Unternehmen werde Rendite und Risiko gleichwertig betrachtet und gegeneinander abgewogen. Vielmehr gilt allgemein die Ansicht, Risikomanagement sei eben leider unumgänglich. Die Aufwendungen dafür müssten anderweitig ausgeglichen werden.
Analog dazu zeigte sich über die Hälfte der Befragten von dem Risikomangement in ihrem Unternehmens überzeugt und bewerteten seine Effektivität und Effizienz mit Sehr gut oder Gut. 63 Prozent fanden das implementierte System effektiv, 66 Prozent hielten es zumindest für wirkungsvoll.
Der Aspekt Wertschöpfung wird weder erkannt noch positiv genutzt
Der Aspekt Wertschöpfung kommt in diesem Kontext kaum vor. Er wird weder erkannt noch positiv genutzt. Nur 21 Prozent der Befragten stehen „voll und ganz“ dahinter, dass Risikomanagement zur Wertschöpfung des Unternehmens beiträgt. 65 Prozent vertraten hingegen die Ansicht, es trage „eher nicht“ oder „überhaupt nicht“ zur Verbesserung der Kreditkonditionen bei.
Immerhin konnten sich zahlreiche Interviewpartner der Perspektive anschließen, der gekonnte Umgang mit den gängigen Risikofaktoren im Unternehmen könne ganz allgemein ein gutes Gefühl von Sicherheit und Kontinuität vermitteln. Das beträfe auch weitreichendere Entscheidungen. So unterstrichen 61 Prozent der Befragten, ein überzeugendes Risikomanagement trage ganz allgemein zur Planungssicherheit im Unternehmen bei.