Verbraucherschutz raubt Versicherungsmaklern die Luft zum Atmen
Branche zeigt heftiger Widerspruch gegen geplanten Provisionsdeckel bei Altersvorsorge
Zum Standpunkt Johannes Szepan, Geschäftsführer des Finanzdienstleisters Plansecur, und Andrew J. Hartsoe, Leiter dort der betrieblichen Altersversorgung, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.)
Riester-Rente, Entgeltumwandlung, Basis-Rente, Lebensversicherung – beim Thema Altersversorgung dreht sich einem nach kürzester Zeit der Kopf. Eigenfinanzierte Versorgung zur Finanzierung im Alter tut dringend Not – das ist allen klar. Die Modelle sind jedoch derart unterschiedlich, dass der Einzelne kaum weiß, für welches er sich entscheiden soll. Fast jeder stellt sich derzeit die Frage, welche Rentenvorsorge hält, was sie ihm verspricht. Nicht zuletzt benötigen die meisten eine jeweils individuelle Lösung.
Einige wenige, die zuverlässig Durchblick behalten haben, sind Versicherungsmakler und Vermittler. Schließlich gehört das Thema zu ihrem Beruf. Sie informieren sich regelmäßig über sämtliche Neuheiten, haben das notwendige Know-how, um die Informationen einzuordnen, und können sich dank jahrelanger Erfahrung darüber hinaus eine eigene Meinung dazu bilden. Ihre Arbeit ist in diesem Kontext nicht zuletzt von gesellschaftspolitischer Relevanz. Sie gehören zu den wenigen Experten, die derzeit flächendeckende Beratung zur Altersversorgung gewährleisten.
Jetzt soll ihnen die Arbeit deutlich erschwert werden. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv e.V.) und der Bund der Versicherten (BdV) verlangen, dass Provisionen bei Beratung zur Altersvorsorge in Zukunft stark verringert werden. Aufgebracht beziehen Johannes Szepan, Geschäftsführer des Finanzdienstleisters Plansecur, und Andrew J. Hartsoe, Leiter dort der betrieblichen Altersversorgung, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) dagegen Position:
„Nach dem Wunsch von sogenannten Verbraucherschützern ist es das Ziel, die Provisionen in der Altersversorgung abzuschaffen oder zu deckeln und durch ein vom Bürger direkt zu zahlendes Honorar zu ersetzen. Dies betrifft rund 250 000 Vermittler und ihre Familien, Tausende Arbeitgeber und Millionen Bürger in Deutschland.“
Schon vor einigen Jahren hat der Gesetzgeber Versicherungsmaklern mit einer entsprechenden Reform aufgewartet. Ziel des neuen Lebensversicherungsgesetz war 2014 eine Deckelung der Vergütung der Vermittler auf 2,5 Prozent. Diese Zahl bezieht sich auf sämtliche Beiträge, die der Kunde während der Laufzeit eines Vertrages entrichtet.
„Zugegeben, in den vergangenen Jahren hat es in der Finanzbranche immer wieder Exzesse bei der Optimierung eigener Provisionserträge ergeben. Aber ist das ein Grund, (…) eine ganze Branche in kollektive Gewährshaftung zu nehmen? Kennen wir nicht auch rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilte Bundestagsabgeordnete, solche mit gefälschten Doktorarbeiten? Kennen wir nicht auch Politiker, denen ganz persönliche schwarze Partei-Spendenkassen wichtiger waren als ihre Ehre vor dem Gesetz? Sind diese Verfehlungen Anlass gewesen, die Bezüge sämtlicher gewählter Volksvertreter zu halbieren? Wohl kaum.“
Ein kurzes Rechenbeispiel macht deutlich, wovon hier die Rede ist. Mit dem bereits erwähnten Reformgesetz wurden die gesetzlichen Vergütungen auf 2,5 Prozent herabgesetzt. Für einen durchschnittlichen Vertrag mit einem Monatsbeitrag von hundert Euro (Laufzeit 30 Jahre) erhält ein Vermittler aus einem Gesamtbeitragsvolumen von 36 000 Euro eine Provision von 900 Euro. Dafür erbringt er im Durchschnitt folgende Leistungen: Beratungsgespräch (2 Stunden), An- und Abfahrt (1,5, Stunden), Vor- und Nachbereitung der Kundenfragen (1,5 Stunden).
Darüber hinaus hat der Vermittler die Pflicht, den Kunden während der gesamten Vertragslaufzeit zuverlässig zu betreuen. Ein guter Versicherungsmakler zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er verbindliche und langjährige Verbindungen zu seinen Kunden pflegt. Sie können gut und gerne dreißig Jahre lang andauern. Nun ist es naheliegend, dass sich über einen so langen Zeitraum Veränderungen im Leben eines Kunden ergeben: Heirat, Scheidung, Kindergeburten, Umzüge oder Beitragsfreistellungen. Jede Änderung zieht eine Neubearbeitung des Vertrages nach sich, nebst entsprechender Beratung. Setzt man für den 30-Jahres-Zeitraum ein Minimum von zehn Stunden an, so hat der Versicherungsmakler insgesamt mindestens 15 Stunden für die Vermittlung, Beratung und Betreuung dieses Vertrags geleistet. Das ergibt, alles zusammen, einen Stundenlohn von 60 Euro brutto und entspricht damit dem üblichen Stundensatz eines Handwerkers. Es dränge sich, so Sczepan und Hartsoe, die Frage auf, warum sich der Gesetzgeber berufen fühle, die Vergütung jener Menschen willkürlich zu kürzen, die zugleich das staatliche und gesellschaftspolitische Ziel erfüllen, die Beratung zur Altersversorgung sicherzustellen.
Die beiden Experten führen noch weitere Beispiele an. So verweisen sie auf ein entsprechendes Gesetz, das 2013 in Großbritannien erlassen wurde. Es untersagt sämtliche Provisionen bei der Altersversorgung. Berater dürfen lediglich ein Honorar in Rechnung stellen.
2017 wurde die Gesetzesänderung in England erstmals auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Ergebnis war, dass ein Großteil der Bevölkerung, die F.A.Z. geht von 18 bis 23 Millionen Menschen aus, von der Beratung ausgeschlossen sei. Sie konnten sich keine Beraterhonorare leisten.
Nicht zuletzt verweisen Sczepan und Hartsoe in ihrem Beitrag auf die Rechtsprechung, der Versicherungsmakler hierzulande gemeinhin verpflichtet sind:
„Wer behauptet, der Kunde würde nicht angemessen neutral und gut beraten, der verschweigt die besondere Rechtsstellung des Maklers. Der ist schon von Gesetzes wegen, aufgrund der Rechtsprechung von Bundesgerichtshof und durch vertragliche Vereinbarung nur dem Wohl des Kunden und dessen Interessen verpflichtet. Wer also pauschal behauptet, Vermittler würden nicht gut und neutral beraten können, nur weil sie eine Provision erhalten, der kennt weder den Markt, noch das Gesetz“.