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Risiko-Management in China

Risiko-Management in China

China-Experte Senff über Black­lis­tings, Mana­ger­haf­tung und De-Risking in China

Herr Senff, Sie sind spezialisiert auf die Beratung von deutschen Unternehmen im Risiko-Management in China. Was heißt dies konkret?

Wir unter­stützen Unter­nehmen, ihre Risiken zunächst zu iden­ti­fi­zieren und entwi­ckeln dann Maßnahmen, um diese Risiken abzu­stellen bzw. zu redu­zieren. Schließ­lich müssen Risiken auch versi­chert werden

Welche Risiken?

Es ist alles dabei. Risiken mit Blick auf Korrup­tion, Betrug und Geld­wä­sche werden verstärkt von Unter­nehmen wahrgenommen.

Bitte ein konkretes Beispiel.

Das deut­sche Stamm­haus hat die Nieder­las­sung ABC in China. Im Rahmen der Internal Audit wurde bei ABC iden­ti­fi­ziert, dass ihre Produkte in China vorwie­gend über Distri­bu­toren verkauft werden, obwohl es ein großes Vertriebs­team gibt. Die Frage liegt auf der Hand: Warum muss über Distri­bu­toren verkauft werden, wenn man doch ein eigenes Vertriebs­team hat, dass auch direkt an den Kunden verkaufen kann? Die daraufhin durch­ge­führte Internal Inves­ti­ga­tion hat ergeben, dass aus kommer­zi­eller und auch aus Kunden-Sicht kein Bedarf besteht, über Distri­bu­toren zu verkaufen. Im Gegen­teil, die Kunden würden den Direkt­ein­kauf sogar bevor­zugen. Zudem wurde fest­ge­stellt, dass durch den Direkt­ver­kauf aus Verkäufer-Sicht der Preis erhöht werden kann, da die Zwischen­händler nicht mehr finan­ziert werden müssen. Die Margen könnten für ABC größer ausfallen

Wie berechnen Sie das?

Der Preis, den ABC gegen­über dem Zwischen­händler in der Vergan­gen­heit erzielen konnte, lag bei, sagen wir, 80, und der Zwischen­händler konnte an den Kunden für 90 oder 100 weiter­ver­kaufen. Ohne Zwischen­händler kann ABC nun für 90 oder 100 direkt verkaufen.

Also 10% bis 20% Umsatzverlust in den letzten Jahren? Dies ist viel Geld.

Sie sagen es. 

Wie sieht dann die Risiko-Management Strategie aus?

Entweder Kosten sparen, in dem das Vertriebs­team redu­ziert wird oder das Vertriebs­team behalten und nicht mehr über unnö­tige Zwischen­händler verkaufen. Dies ist jetzt sehr simpli­fi­ziert darge­stellt. Natür­lich gibt es immer Ausnahmen. Die Zwischen­händler, d.h. die Distri­bu­toren, sollten jedoch vorher einem Back­ground Check unter­zogen werden.

Welche Themen brennen deutschen Unternehmen noch unter den Nägeln?

Das chine­si­sche Sozi­al­kre­dit­system. Darüber wurde auch in den deut­schen Medien intensiv berichtet.

Übertreiben die Medien in Deutschland? Und es ist gar nicht so schlimm?

Das will ich jetzt nicht bewerten. Ich kann Ihnen die Rechts­lage und Durch­set­zung des Sozi­al­kre­dit­sys­tems erklären. Dies sollte bereits helfen.

Einverstanden. Legen Sie los.

Das Sozi­al­kre­dit­system sieht Ratings und Scores für Unter­nehmen vor. Posi­tive Ratings und hohe Punkt­zahlen für regel­kon­forme Unter­nehmen und umgekehrt.

Gibt es ein einheitliches Rating?

Gegen­wärtig nicht. Viel­leicht kommt dies irgend­wann. Gegen­wärtig bestehen Ratings zu bestimmten Themen. Bei Umwelt besteht ein System, dass sich aus der green card, blue card, yellow card und red card zusam­men­setzt. Grün steht für das beste Umwelt-Rating und rot das schlech­teste. Zu Steuer-Themen besteht eine Klas­si­fi­zie­rung, dass sich aus den Buch­staben A – B – M – C – D zusam­men­setzt, wobei A das höchste Rating und D das nied­rigste Rating für das Unter­nehmen darstellt.

Was ist mit den Blacklistings?

Black­lis­tings führen zu regu­la­to­ri­schen Nach­teilen für Unter­nehmen. Beispiele sind die strik­tere Ertei­lung von Geneh­mi­gungen, mehr Inspek­tionen durch die Behörden und das Verbot der Teil­nahme an öffent­li­chen Ausschrei­bungen. Unter­nehmen, die auf Aufträge vom chine­si­schen Staat ange­wiesen sind, werden damit hart getroffen, weil damit direkt Geschäft wegfällt. Der chine­si­sche Regu­lator hat bereits Black­lis­tings gegen­über Unter­nehmen erteilt, die in der Daten­bank einge­sehen werden können.

Welche Datenbank?

Black­lis­tings können in der Daten­bank im Internet unter www​.credit​china​.gov​.cn einge­sehen werden. Die Daten­bank wird regel­mäßig synchro­ni­siert. Sprache ist Chinesisch.

Was macht man denn, wenn man im Sozialkreditsystem geblacklistet wurde? 

Den Eintrag sehr zügig löschen! Black­lis­tings werden grund­sätz­lich für bis zu drei Jahre einge­tragen. Je nach Schwere des Black­lis­tings, können diese im Rahmen eines Löschungs­ver­fah­rens unter bestimmten Bedin­gungen entfernt werden. Dies ist präzise gere­gelt. Man sollte im Übrigen auch darauf achten, dass die eigenen Geschäfts­partner, insbe­son­dere die Zulie­ferer und Distri­bu­toren, nicht geblack­listet sind. Denn das würde den Kunden nicht gefallen.

Interessant. Wie sieht es mit De-Risking aus? Ist dies ein neues Beratungsfeld für Sie?

De-Risking ist zunächst ein poli­ti­sches State­ment. Die Bundes­re­gie­rung hat im Rahmen ihrer China-Stra­tegie vom 13. Juli 2023 diesen Begriff akzentuiert.

Was bedeutet De-Risking mit Blick auf die Entscheidungen der Unternehmensleitung in Deutschland?

Die Unter­neh­mens­lei­tung in Deutsch­land wird, wenn sie gut beraten ist, strikt darauf achten, den eigenen persön­li­chen Sorg­falts­pflichten mit Blick auf Einkauf & Vertrieb in China, M&A in China und anderen Tätig­keiten in China zu entspre­chen. Das Siemens/​Neubürger Urteil vom Land­ge­richt München hat vor einigen Jahren bereits die Vorlage gelie­fert. Die Haftung des Vorstands­mit­glieds in einer Akti­en­ge­sell­schaft wegen des Verstoßes gegen seine Sorg­falts­pflichten – etwa im China-Geschäft – ist streng. Es wird schließ­lich mit dem Privat­ver­mögen gehaftet. Bedenken Sie auch die Ausstrah­lungs­wir­kung des Siemens/​Neubürger Urteils auf die Unter­neh­mens­lei­tung, die nicht in der Akti­en­ge­sell­schaft
tätig ist. Dies betrifft dann häufig den inter­na­tio­nalen Mittel­stand, der in China unter­wegs ist.

Dies ist aber nichts Neues, oder?

Neu sind die geopo­li­ti­schen Risiken, die stärker in den Blick genommen werden.
tätig ist. Dies betrifft dann häufig den inter­na­tio­nalen Mittel­stand, der in China unter­wegs ist.

Was heißt das konkret?

Invest­ments in China werden vermut­lich noch strenger geprüft, viel­leicht auch nochmal hinterfragt. 

Also mehr Arbeit für Anwälte, da die Legal Due Diligence ein Upgrade erfährt?

Dies sieht so aus. Dies ist auch ein Upgrade für Back­ground Checks, Internal Audits und Compli­ance Audits. 

Es wird berichtet, dass De-Risking zu mehr Lokalisierung im China-Geschäft führen wird. Was meinen Sie?

Dies wird vermut­lich bei den Finan­zie­rungen sein. Auf der Finan­zie­rungs­seite erwarte ich weniger Kapi­tal­erhö­hungen und Gesell­schafter-Darlehen aus dem Ausland und mehr lokale Finan­zie­rungen in China. Dies wurde mir hinter vorge­hal­tener Hand durch den einen oder anderen CFO bereits zugerufen.

Stehen wir nun vor einer Welle von China-Exits wegen De-Risking?

Sie werden über­rascht sein. Nein, dies sehe ich gegen­wärtig nicht. Die Exits, die ich im Markt sehe, sind eher auf kommer­zi­elle Erwä­gungen zurück­zu­führen. Wenn sich das China-Invest­ment nicht rechnet und Anpas­sungen der China-Stra­tegie nicht erfolgs­ver­spre­chend sind, wird der China-Exit irgend­wann kommen.

Der Blick in die Glaskugel. Wie wird das China-Geschäft der Zukunft aussehen?

Ich erwarte, dass eine signi­fi­kante Anzahl von Unter­nehmen eine Stra­tegie entwi­ckeln werden, die man mit „in China for China“ beschreiben kann. Dies nehme ich gegen­wärtig wahr.

Zum Schluß. Können Sie drei kurze Tipps für deutsche CFO’s mit China-Verantwortung formulieren?

Erstens: Haben Sie Ihre Organ­haf­tung im Blick und achten Sie auf einen soliden D&O Cover. Zwei­tens: Unter­schreiben Sie Doku­mente, die chine­sisch sind, nur nach vorhe­riger Prüfung. Drit­tens: Haben Sie den Cash­flow sowohl im Einkauf und Vertrieb im Blick. Wenn zu teuer einge­kauft oder unter Preis verkauft wird, stimmt etwas nicht.

Vielen Dank für das Gespräch.

Philipp Senff ist Rechts­an­walt, Partner und Head of Compli­ance bei CMS China. Herr Senff berät seit mehr als 15 Jahren auslän­di­sche Unter­nehmen zu Compli­ance und Risi­ko­ma­nage­ment in China und Deutsch­land. Sein Team ist spezia­li­siert auf die Präven­tion von Compli­ance-Risiken, Internal Inves­ti­ga­tions und Compli­ance in der Restrukturierung

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