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Die Funktionsweise der D&O-Versicherung im Schadenfall – Teil 1

Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte haften bereits bei leichter Fahrlässigkeit unbegrenzt mit ihrem Privatvermögen. Im schlimmsten Fall bedeutet dies die Existenzvernichtung. Viele Unternehmen haben für die Manager eine D&O-Versicherung abgeschlossen. Der Beitrag skizziert die Funktionsweise der Managerhaftpflicht-Versicherung im Schadenfall. Folgende Punkte sind von besonderer Bedeutung:

Versicherungsfalldefinition

Der Versi­che­rungs­fall tritt ein, wenn die versi­cherten Personen wegen einer (behaup­teten)
Pflicht­ver­let­zung, die sie bei ihrer Tätig­keit für die Versi­che­rungs­neh­merin oder
Toch­ter­ge­sell­schaften begangen haben, für einen Schaden erst­mals in Text­form in Anspruch
genommen werden. Geschäfts­führer, Vorstände und Aufsichts­räte gehören zum Kreis der
versi­cherten Personen.

Innenhaftungsfälle

Die Inan­spruch­nahme auf Scha­den­er­satz betrifft in den meisten D&O‑Schadensfällen die
soge­nannten Innen­haf­tungs­fälle. Manager müssen ihr Amt mit der Sorg­falt eines ordent­li­chen
Geschäfts­mannes ausüben. Wenn sie diese Pflicht verletzen und ihrer Gesell­schaft dadurch ein
Schaden entsteht, haften sie der Gesell­schaft. Bei der Akti­en­ge­sell­schaft ergibt sich die
Anspruchs­grund­lage aus §§ 93 Absatz 2 AktG: Vorstands­mit­glieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesell­schaft zum Ersatz des daraus entste­henden Scha­dens als Gesamt­schuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorg­falt eines ordent­li­chen und gewis­sen­haften Geschäfts­lei­ters ange­wandt haben, so trifft sie die Beweis­last. Für GmbH Geschäfts­führer gilt § 43 GmbH: Die Geschäfts­führer haben in den Ange­le­gen­heiten der Gesell­schaft die Sorg­falt eines ordent­li­chen Geschäfts­mannes anzu­wenden. Geschäfts­führer, welche ihre Oblie­gen­heiten verletzen, haften der Gesell­schaft soli­da­risch für den entstan­denen Schaden.

Bei den Innen­haf­tungs­fällen wird der D&O‑Versicherungsfall ausge­löst, wenn der Vorstand auf der Grund­lage eines Aufsichts­rats­be­schlusses in Anspruch genommen wird. Bei der GmbH erfolgt die Inan­spruch­nahme auf der Grund­lage eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung.

Außenhaftungsfälle

Die meisten Außen­haf­tungs­fälle betreffen Klagen von Insol­venz­ver­wal­tern. Dabei geht es in der Regel um Erstat­tungs­an­sprü­chen gegen (ehema­lige) Organ­walter der Insol­venz­schuld­nerin wegen Insol­venz­ver­schlep­pung nach § 15 b InsO. Der Insol­venz­ver­walter muss solche Ansprüche grund­sätz­lich gericht­lich verfolgen. Die Klagen werden in der Praxis nach dem Motto „Insu­rance breeds claims“ oft nur deshalb geführt, weil die Insol­venz­schuld­nerin eine D&O‑Versicherung für die Organ­walter abge­schlossen hat. Mitunter ist die D&O‑Versicherungspolice quasi der letzte Vermö­gens­ge­gen­stand, auf den der Insol­venz­ver­walter zurück­greifen kann.

Schadenanzeige und Obliegenheiten im Schadenfall

Bei Versi­che­rungs­fällen haben die jewei­ligen betrof­fenen Versi­cherten den Eintritt eines
Versi­che­rungs­falls dem Versi­cherer unver­züg­lich anzu­zeigen. Der Versi­cherer kann nach dem Eintritt des Versi­che­rungs­falles verlangen, dass die betrof­fenen Anzei­ge­pflich­tigen jede Auskunft erteilen, die zur Fest­stel­lung des Versi­che­rungs­falles oder des Umfanges der Leis­tungs­pflicht des Versi­che­rers objektiv erfor­der­lich ist. 

Die Scha­den­mel­dung erfolgt entweder unmit­telbar an den Versi­cherer oder an den Versicherungs­makler. Der im Versi­che­rungs­schein genannte Versi­che­rungs­ver­mittler ist bevoll­mäch­tigt, Anzeigen, Willens­er­klä­rungen und Zahlungen der Versi­che­rungs­neh­merin mit Wirkung für den Versi­cherer sowie Anzeigen und Willens­er­klä­rungen des Versi­che­rers mit Wirkung für die Versi­che­rungs­neh­merin entge­gen­zu­nehmen und verpflichtet, diese unver­züg­lich an den Versi­cherer bzw. die Versi­che­rungs­neh­merin weiterzuleiten.

Aufgaben und Funktion des Versicherungsmaklers im
D&O-Schadenfall

Der Versicherungs­makler ist nach der Recht­spre­chung des BGH treu­hän­de­ri­scher Sach­walter der Versi­che­rungs­neh­merin. Im Scha­den­fall steht der Makler im Lager der geschä­digten
Versi­che­rungs­neh­merin und kann deshalb für die versi­cherten Personen grund­sätz­lich nicht tätig werden. In der Praxis über­nehmen spezia­li­sierte D&O‑Versicherungsmakler im D&O‑Schadenfall im Hinblick auf eine einwand­freie Funk­ti­ons­weise der Deckung sog. Moni­to­ring Aufgaben für die versi­cherten Unter­nehmen. Hierbei handelt es sich insbe­son­dere um die Über­nahme von Koor­di­na­tions- und Mode­ra­ti­ons­auf­gaben in der Verhand­lungs­füh­rung zwischen der Versi­che­rungs­neh­merin und den versi­cherten Personen, deren anwalt­li­chen Vertre­tern sowie die dazu­ge­hö­rige Korre­spon­denz mit den Versicherern.

Leistungsversprechen der D&O-Police

Der Versi­che­rungs­schutz erfasst die Abwehr sowie die Befreiung von Haft­pflicht­an­sprü­chen. Die Abwehr- und Scha­den­aus­gleichs­funk­tion ist die Haupt­pflicht des Versi­che­rers aus dem Vertrag. Der Versi­cherer hat ein Wahl­recht, ob er Abwehr betreibt oder Frei­stel­lung gewährt. In den meisten Fällen übt der Versi­cherer sein Wahl­recht dahin­ge­hend aus, dass er die Abwehr betreibt. Die Abwehr umfasst die Über­nahme gericht­li­cher und außer­ge­richt­li­cher Kosten der Abwehr eines Haft­pflicht­an­spru­ches (Abwehr­kosten). Diese sind insbe­son­dere die Vergü­tung von Rechts­an­wälten. Der Versi­cherer schuldet die Befreiung von Haft­pflicht­an­sprü­chen, wenn diese sich als berech­tigt erweisen. Berech­tigt sind Scha­den­er­satz­ver­pflich­tungen dann, wenn die versi­cherten Personen aufgrund Gesetzes, rechts­kräf­tigen Urteils, Aner­kennt­nisses oder Vergleichs zur Entschä­di­gung verpflichtet sind und der Versi­cherer hier­durch gebunden ist.

Anwaltswahl

Das Versi­che­rungs­ver­trags­ge­setz (VVG) regelt die freie Anwalts­wahl in § 127 Abs. 1:
„Der Versi­che­rungs­nehmer ist berech­tigt, zu seiner Vertre­tung in Gerichts- und
Verwal­tungs­ver­fahren den Rechts­an­walt, der seine Inter­essen wahr­nehmen soll, aus dem Kreis der Rechts­an­wälte, deren Vergü­tung der Versi­cherer nach dem Versi­che­rungs­ver­trag trägt, frei zu wählen. Dies gilt auch, wenn der Versi­che­rungs­nehmer Rechts­schutz für die sons­tige Wahr­neh­mung recht­li­cher Inter­essen in Anspruch nehmen kann.“


D&O‑Versicherer über­lassen den versi­cherten Personen grund­sätz­lich die freie Anwalts­wahl.
Aller­dings regeln viele Versi­cherer die konkrete Anwalts­wahl mit Zustim­mungs- und
Wider­spruchs­rechten. Es gibt immer noch Standard‑D&O‑Versicherungsbedingungen, die nur einen Erstat­tungs­an­spruch nach dem Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­ge­setz vorsehen. Auf Organ­haf­tung spezia­li­sierte Anwälte rechnen übli­cher­weise auf Stun­den­satz­basis und nicht nach dem Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­ge­setz ab. In guten D&O‑Versicherungsbedingungen ist deshalb fest­ge­schrieben, dass es keiner Abstim­mung mit dem Versi­cherer hinsicht­lich der Anwalts­wahl und der Hono­rar­ver­ein­ba­rung bedarf, wenn der Rechts­an­walt über ein vom Versi­cherer akzep­tiertes Anwaltspanel vermit­telt wird

Schiedsgericht

Gute D&O‑Versicherungsbedingungen bieten die Option eines insti­tu­tio­na­li­sierten
Schieds­ge­richts­ver­fah­rens. Hier eine Klausel aus dem Versicherungsmarkt:

„Wird der Anspruch von der Versi­che­rungs­neh­merin erhoben, und wird die Frage der Haftung in einem Schieds­ge­richts­ver­fahren nach der Schieds­ge­richts­ord­nung und den „Ergän­zenden Regeln für beschleu­nigte Verfahren der Deut­schen Insti­tu­tion für Schieds­ge­richts­bar­keit e.V.“ (DIS) unter Ausschluss des ordent­li­chen Rechts­weges entschieden, ist neben den Parteien des Schieds­ver­trages bzw. des ‑verfah­rens der Versi­cherer an die Entschei­dung des Schieds­ge­richts gebunden.“ 

Die Möglich­keit, in einem D&O‑Fall Haftung und ggf. auch Deckung in einem einheit­li­chen Verfahren verbind­lich klären zu lassen, ist ein Vorteil eines D&O‑Schiedsgerichtsverfahrens. Die Verfah­rens­dauer liegt bei einem durch­schnitt­lich komplexen D&O‑Fall in erster Instanz vor einem Land­ge­richt bei mindes­tens 1 ½ bis 2 Jahren; die Gesamt­ver­fah­rens­dauer inklu­sive Beru­fung beträgt vor staat­li­chen Gerichten oft zwischen 2 und 5 Jahren (ohne Revi­sion zum BGH). Dann ist besten­falls die Haftungs­frage geklärt. In manchen Fällen schließen sich deckungs­recht­liche Strei­tig­keiten an – z.B. über die Frage eines mögli­chen Vorsatz­aus­schlusses. Schieds­ge­richts­ver­fahren hingegen sind wesent­lich schneller. Viele Fälle sind in weniger als einem Jahr abge­schlossen. (Vgl. Lange, Versi­che­rungs­praxis 12/2019 | 1/2020, S. 16 ff.) Als etwa­iger Nach­teil ist zu beachten, dass im Schieds­ge­richts­ver­fahren grund­sätz­lich keine Streit­ver­kün­dungen möglich sind.

Direktklage

Das Unter­nehmen kann sich den D&O‑Deckungsanspruch von der versi­cherten Person abtreten lassen und dann unmit­telbar gegen den D&O‑Versicherer vorgehen. Der Direkt­pro­zess wurde vom BGH (IV ZR 304/13, Urt. v. 13.4.20016) ausdrück­lich aner­kannt. In dem Fall hatte eine GmbH den betrof­fenen Manager auf Scha­den­er­satz in Anspruch genommen und sich von ihm den Deckungs­an­spruch gegen die D&O‑Versicherung abtreten lassen. Mit einer Direkt­klage gegen den D&O‑Versicherer zielte das geschä­digte Unter­nehmen sodann allein auf die Versi­che­rungs­summe und nicht auf das Privat­ver­mögen des Mana­gers. Mit diesem Vorgehen schei­terte die Versi­che­rungs­neh­merin zuvor beim OLG Düssel­dorf (31.01.2014 – I‑4 U 176/11). Nach Auffas­sung des OLG setzt ein Versi­che­rungs­fall voraus, dass der Manager „ernst­lich“ in Anspruch genommen wird, also mit einer Klage und ggf. Voll­stre­ckung in das Privat­ver­mögen. Damit solle verhin­dert werden, dass sich Gesell­schaft und Manager auf einen Haftungs­fall „verstän­digen“, um an die Versi­che­rungs­summe zu kommen (sog. „friendly under­stan­ding“). Hingegen hat der BGH in seiner Grund­satz­ent­schei­dung fest­ge­stellt, dass die Versi­che­rungs­neh­merin auch ausschließ­lich auf die Versi­che­rungs­de­ckung abzielen darf. Das grund­sätz­liche Problem eines „friendly under­stan­ding“ recht­fer­tige keine über die D&O‑Versicherungsbedingungen hinaus­ge­hende Voraus­set­zung für das Vorliegen eines Versi­che­rungs­falls. Die Grenze des kollu­siven Zusam­men­wir­kens ist nach Auffas­sung des BGH erst dann über­schritten, wenn der geschä­digten Gesell­schaft und dem betrof­fenen Manager tatsäch­lich bewusst ist, dass der behaup­tete Scha­dens­er­satz­an­spruch nicht besteht. Nach neuester (wenn auch nicht unum­strit­tener) Recht­spre­chung des OLG Köln (9 U 206/22, Urt. v. 21.11.2023) gilt die gesetz­liche Beweis­last­um­kehr im Direkt­pro­zess analog. Damit werden geschä­digte Unter­nehmen in der direkten Ausein­an­der­set­zung mit ihren D&O‑Versicherern gestärkt. Gege­be­nen­falls haben die versi­cherte Gesell­schaft und der Manager bereits im Vorstands- bzw. Geschäfts­füh­rer­dienst­ver­trag Rege­lungen zur Abtre­tung
eines Deckungs­an­spruchs getroffen. 

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Moritz Graf Brühl
Geschäfts­führer | GRAF BRÜHL Versicherungs­makler GmbH Frei­herr-vom-Stein-Str. 15 |
60323 Frank­furt am Main | Telefon +49 (0)69 1700 70 11 | moritz@​grafbruehl.​com |
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Dr. jur. Burk­hard Fass­bach
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